… tagtäglich war ich erleichtert, wenn ich feststellen durfte,
daß ich noch ein Kind war … aber die Zeit verging. (Wolfgang Hilbig)
Den Griechen der Antike galten die Musen als Kinder der Erinnerung. Wie seine Herkunft und sein Lebensweg sich bei Wolfgang Hilbig (1941 – 2007) in Gedichten, Erzählungen und Romanen spiegeln, bestätigt die Weisheit der alten Sage. Es gibt kaum einen Text von ihm, der nicht wie aus der Erinnerung gesprochen oder wenigstens von ihr beseelt wäre. Insbesondere von konkreten Blicken in die Kindheit, die Jugend und ausführlich in die industrielle Arbeitswelt, die fünfundzwanzig Jahre lang sein Leben bestimmte. Das hat viele Leserinnen und Rezensenten dazu verführt, das Werk autobiografisch zu deuten. Diese Publikation versucht einen Mittelweg. Einerseits lädt sie zu einem Spaziergang durch Meuselwitz ein, den Geburtsort des Autors, wo er von 1941 bis 1979 überwiegend lebte. Die kleine Industriestadt, die in Thüringen liegt, an Sachsen und Sachsen-Anhalt grenzt und von Industrie und Braunkohlebergbau geprägt worden ist als Teil des größeren Mitteldeutschen Reviers, hat immer wieder Auftritte in seiner Lyrik und Prosa. Andererseits geht es darum, dass dieser Schriftsteller die konkrete Landschaft seiner Erfahrungen mit der inneren, künstlerisch geformten Welt seiner Sprache überschreibt. Die eine befruchtet die andere, aber sie stimmen nie überein. Diesem eminent literarischen Vorgang wird hier nachgegangen.
Text: Uwe Kolbe
Photographien: Angelika Fischer
13,5 x 21 cm, 64 Seiten
Fadenheftung, „Englische Broschur“
mit Schutzumschlag,
zahlreiche Abbildungen
in getöntem Duoton
978-3-948114-22-0 € 18.–